eBildungslabor-Blog<p><strong>Bestehendes wachsen lassen: Aneignung als offene Bildungspraxis!</strong></p><p>Wer sich mit Offenheit im Bildungskontext beschäftigt, wird früher oder später auf die Abkürzung OER stoßen. Sie steht für Open Educational Resources. Dabei handelt es sich um Bildungsmaterialien, die dank ihrer offenen Lizenz beliebig weitergenutzt werden dürfen. Etwas weniger verbreitet ist der dazugehörige Schwesternbegriff: Open Educational Practices (OEP) – also offene Bildungspraktiken. Ich verbinde damit das Lernen mit Offenheit. Dazu gehört für mich insbesondere, dass das Ergebnis von Lernen zu Beginn noch nicht feststeht, sondern dass der Lernprozess ausgehend von den Bedürfnissen, Interessen und Erfahrungen der Lernenden und in ihrer Verantwortung gestaltet wird. Außerdem sind für mich auch OER immer ein Teil von OEP: In diesem Sinne bedeutet Lernen mit Offenheit dann auch, dass das Rad beim Lernen nicht immer wieder neu erfunden wird, sondern dass auf Bestehendem aufgebaut wird.</p><p>In diesem Blogbeitrag reflektiere ich, wie sich solch eine offene Bildungspraxis in einer KI-geprägten Welt ändert. Meine wichtigste These ist dabei: Im Kontext von KI wird bei einer offenen Bildungspraxis die Aneignung von Inhalten immer wichtiger. Inhalte werden dann nicht mehr nur weiter genutzt, sondern beim weiteren Wachsen unterstützt. </p><p>Ich möchte fünf Vorschläge machen, wie das praktisch aussehen kann:</p><p><strong>1. Inhalte vernetzen: Wie entstehen durch Verbindungen neue Perspektiven?</strong></p><p>Die erste Form von Aneignung ist die Vernetzung von Inhalten. Während eine einfache Weiternutzung bedeuten würde, dass einfach zwei oder mehr Inhalte miteinander kombiniert werden, können bei einer bewussten Vernetzung neue Perspektiven entstehen. Das ist dann keine Herausforderung, die ein KI-Modell allein automatisiert erledigen kann. Stattdessen muss damit immer ein Anliegen verbunden sein. </p><p>Eine solche Verbindung war es zum Beispiel vor einigen Jahren, die Ideen von Open Educational Resources (OER) und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zusammenzubringen. Ganz genauso funktioniert solch ein Verbinden aber auch im Kleinen. Zum Beispiel kann ich mir bei jedem neuen Inhalt von mir überlegen, mit was ich diesen Inhalt in Verbindung bringen und vernetzen könnte.</p><p><strong>2. Austausch fördern: Wie kann ich Lernräume gestalten, um gemeinsam weiterzukommen?</strong></p><p>Bestehendes wächst besonders gut, wenn Räume geschaffen werden, in denen Austausch und Reflexion dazu stattfinden kann. Bei einer einfachen Weiternutzung wird diese Herausforderung nicht zwangsläufig mitgedacht – wohl aber bei einer Aneignung von Inhalten. Denn hierfür sind gemeinsame Räume sehr grundlegend. </p><p><strong>3. Erkenntnisse teilen: Was habe ich gelernt, und wie kann ich es für andere sichtbar machen?</strong></p><p>Bestehende Inhalte lassen sich natürlich nicht nur im Austausch mit anderen aneignen, sondern auch individuell. Aneignung bedeutet dann, dass ich mich wirklich mit einem Inhalt auseinandersetze. Das gelingt aus meiner Sicht besonders gut, wenn man die in diesem Prozess der Aneignung gewonnenen Erkenntnisse wiederum mit anderen teilt – anstatt einfach ’nur‘ eine Weiternutzung vorzunehmen. Das erinnert dann an den Ansatz des Lernens durch Lehren.</p><p><strong>4. Kreativen Remix entwickeln: Wie bringe ich eigene Ideen in vorhandenes Material ein?</strong></p><p>Ein Remix, also eine Weiternutzung von Inhalten, ist der OER-Kern von OEP. Das habe ich bereits einführend dargestellt. Es gibt dazu zahlreiche Möglichkeiten. Etwa kann ich Inhalte erweitern, in ein anderes mediales Format überführen, übersetzen oder in einfache Sprache übertragen … Im Kontext von KI werden all diese Formen von Remix immer einfacher. Wenn ich allerdings aus einer Aneignungsperspektive auf OEP blicke, dann ist solch ein „einfacher“ Remix nicht ausreichend. Damit Bestehendes weiter wachsen kann, muss ich an einem Material im Zuge des Remix aktiv weiterdenken und neue Ideen dazu einbringen.</p><p><strong>5. Wertschätzende Credits geben: Wie würdige ich Beiträge anderer?</strong></p><p>Zu einer offenen Bildungspraxis gehören Credits unbedingt dazu. Credit geben bedeutet, dass ich eine bewusste Attribution vornehme und transparent mache, auf wessen Vorarbeiten ich bei meinen Inhalten aufbaue. Im Rahmen von OER gibt es dazu den sogenannten Lizenzhinweis, der rechtlich klar geregelt ist. Bei einer Creative-Commons-Lizenz mit Attributionsanforderung muss ich dazu die sogenannte TULLU-Regel nutzen, also Titel, Urheber*in, Lizenz, Link zur Lizenz und den Ursprungsort angeben. </p><p>Im Kontext von KI verändert sich allerdings der Remix von Inhalten: Erstens wurden für das Training von KI-Modellen massenhaft urheberrechtlich geschützte und ganz genauso auch offen lizenzierte Inhalte ohne Attribution verwendet. Zweitens lässt sich das auch auf individueller Ebene fortführen. Denn ganz genau so, wie ich auch früher schon Konzepte oder Ideen von bestehenden Inhalten in meinen eigenen Worten wiedergeben konnte, womit dann der bei einer direkten Weiternutzung rechtlich erforderliche Lizenzhinweis entfiel, kann ich so etwas nun in Interaktion mit KI-Modellen sehr viel einfacher und schneller gestalten. </p><p>Aneignung, um Bestehendes wachsen zu lassen, bedeutet für mich in diesem Kontext, bewusst auf Wertschätzung zu orientieren. Ich sollte also transparent machen – auch wenn ich es streng genommen aus juristischer Perspektive vielleicht nicht müsste –, wenn ich mir Inhalte von anderen aneigne. So würdige ich die Beiträge von anderen und helfe so mit, dass es weiterhin viel Motivation zur Gestaltung von OER und OEP gibt.</p><p><strong>Fazit</strong></p><p>Das waren meine fünf Vorschläge für eine offene Bildungspraxis im Kontext von KI. Sehr gerne kannst du sie nicht nur weiternutzen, sondern sie dir aneignen! 🙂</p>Das Beitragsbild habe ich mit ChatGPT generiert. Es ist gemeinfrei.<p></p><p><a rel="nofollow noopener noreferrer" class="hashtag u-tag u-category" href="https://ebildungslabor.de/tag/oer/" target="_blank">#OER</a></p>